Südfrankreich ist ja so was von out
Der Felsriegel von Buoux |
Was in den
80ern in war, war in den 90ern längst passé. In den 2000ern war dann alles aus
dem alten Jahrtausend vollkommen abgesagt, kam jedoch zum Teil in den 2010ern
unter dem Label „retro“ zurück. Dies gilt nicht nur für Hosen, Pullis, Anzüge
und Kleider, sondern auch für Klettergebiete und damit zwangsläufig für
bestimmte Arten von Klettereien.
La derriere problem des alpes 6b+ |
Das Wissen
um diese Trends mache ich mir gerne zunutze und plane meine Kletterreisen antizyklisch.
Denn der Besuch von den gerade schwer angesagten Gebieten hat so manche
Nebenwirkung.
So wird der
angestrebte Onsight mit den prüfenden Blicken der Wohlgesonnenheit
vorgaukelnden Kontrahenten im Rücken gleich erheblich schwerer, wenn er nicht
durch spontane „Du musst in den Untergriff kreuzen!“- Zurufe zunichte gemacht wird.
Hat man es dann doch mal geschafft, in einem Anflug von Kletterflow-Erlebnis
die Welt um sich herum zu vergessen, wird man meist jäh durch ein „Come on Oida,
geht schoa!“ oder „Schiggeding“ (je nach Angesagtheit der aktuellen Klettermovies)
ins Hier und Jetzt zurückgeholt.
Der Zustieg geht auch einfacher! |
Apropos
scheitern: Nicht nur, dass man sich mit dem eigenen Erfolg oder Scheitern
auseinandersetzen muss. Man darf stets am emotionalen Zustand der anderen
Vertikalsportler teilhaben. Geteiltes Leid ist eben halbes Leid und geteiltes
Glück ist doppeltes Glück, so scheint das Motto zu sein. So ist es Usus, alle
Anwesenden mit regelmäßigem und lautstarkem Statusreport auf dem Laufenden zu
halten. Ein lautes „Fuck!“ unterstreicht ausdruckstark die Verärgerung oder
Verwunderung über das Scheitern in der Route, die man doch eigentlich locker
beherrschen müsste. Anschließend kann es nützlich sein, einen detaillierten
Bericht über die schlechten Bedingungen bis in den letzten Winkel des Gebietes
dringen zu lassen. Ein lautstarkes „Yes!“ hingegen hebt den eigenen Erfolg in
einem langen Projekt heraus und sorgt für ausreichend Anerkennung und
Gratulation.
Volx |
Nachdem in
diesem Frühjahr der geplante Trip in den allzeit unpopulären Peak District
aufgrund der Meldungen über im Schnee vergrabener Schafherden in der Nähe von
Sheffield neu diskutiert wurde, kam die Idee auf, nach über zehn Jahren der
Provence mal wieder einen Besuch abzustatten und die So-was-von-megaout-Gebiete
im Val de Luberon zu besuchen. Ein Indikator für das nicht Angesagtsein war
meine Google- Bildersuche, die lediglich Fotos von Kletterern in engsitzenden
schillernd pinken Lycras und luftig wehenden Muscle-shirts an den glatten
Fassaden der buouxschen Felsen offerierte.
Steiles Gemäuer in Volx (7b+)... |
Ganz anders
sah unser Besuch in Volx aus. Obwohl es sich keine 50 km von Buoux entfernt
befindet und obwohl auch hier mit dem britisch-französischen Battle um
„Plafond“ vulgo „Maginot Line“ (8c) und „Superplafond“ (8c+) Klettergeschichte
geschrieben wurde, waren wir jedes Mal die einzigen Kletterer im Gebiet. Und
das obwohl hier im Sektor „Grand Grotte“ unzählige steile Routen hauptsächlich
im siebten und achten Franzosengrad zu finden sind. Trotzdem das Treiben in den
80ern und 90ern eine gehörig marmorierte Patina auf den Griffen von Volx hinterlassen
hat, gefiel uns ausnahmslos jede Route in diesem fantastischen Gebiet. Schon
die Aufwärmroute „Hot Spot“ (6b+) machte ihrem Namen alle Ehre und stimmte auf
das ein, was da noch kommen sollte. Aufgrund der vielen nassen Routen nach
einem auch in Südeuropa durchwachsenen Frühjahr war unsere Auswahl leider etwas
eingeschränkt. Doch dieser Umstand zwang
uns dann in die Route „Spinoza“ (7b+), die sich als eine wirklich tolle Route
mit irren boulderigen Dachzügen zu Beginn und wackeligen, technischen
Rausschmeißerzügen kurz vor dem Umlenker entpuppt und dem Wiederholungsaspiranten
volle Konzentration vom ersten bis zum letzten Zug abverlangt.
...lädt zum Victory-Jump! |
Ach, wie gern wäre ich auch out ... besonders, wo es doch hier dauernd regnet!
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