Sonntag, 21. April 2013

Achtung Eifler Kieselfreunde


Laut rureifel-tourismus.de ist im Effels die Vogelwand wegen eines Felsbruchs gesperrt. Leider fallen dadurch noch mehr der schon wenigen freigegebenen Routen in der Rureifel weg. Heißt das in der Konsequenz, dass das Ticket vergünstigt wird oder vergleichbar viele Routen an anderer Stelle freigegeben werden? Das fände ich eine angemessene Maßnahme! 

International Press

Alpines, Eis und Pizza - Neues und Altes vom Gardasee
In der Ausgabe 04/2013 des Magazins "Klettern" erschien mein Artikel über neue lange Routen rund um Arco, dem Evergreen unter den Klettergebieten, sowie die Ideen, Motivationen und Philosophien des Erschließerteams rund um Heinz Grill. Nun gibt es die Story, tolle Bilder von Franz Heiß sowie alle wichtigen Informationen auch bei "Klettern.de" nachzulesen:


Also schnell lesen, das örtliche Bergsportfachgeschäft um einen Satz Keile, einige mittlere Friends sowie etwas Bandmaterial erleichtern und ab ins Auto Richtung Gardasee.

Dienstag, 16. April 2013

Heldenhafte Bergfahrten



 200- Drüber und drunter

Nach einem herrlichen Klettertag fuhren meine damalige Freundin und ich zu unserem für die Nacht erwählten Schlafplatz. Wir freuten uns auf ein Bier auf diesem weit über den Dächern von Arco gelegenen Parkplatz, von dem man den ganzen Abend auf die gigantischen Überhänge des Monte Brento blicken kann.
Gedanklich ging ich nochmals die Züge durch und stellte mir vor wie meisterlich ich sie performed habe. Und wie heroisch ich gekämpft habe, unter der Anfeuerung aller anderen Kletterer den schweren Kreuzzug in den Untergriff und dynamisch an den guten Griff gedeadpointet, so dass der ganze Körper spektakulär raus geschwungen ist. Und zu guter Letzt noch nervenstark die 2 Meter Run-out zum Umlenker durchgezogen. Nicht nur körperlich, auch mental war ich in Höchstform. Und das Resultat war die erste 7a. Wahnsinn, wie sich das anfühlt, wenn plötzlich die französische 7 davorsteht.

 Zwei Busse standen bereits auf dem Platz. Einer mit Münchner Kennzeichen und ein brandneuer VW Bulli aus Pirna bei Dresden. Die vier dazu gehörenden Menschen saßen bereits zusammen und tranken Bier. Nachdem wir uns installiert hatten wurden wir dazu geladen. Voller neuem Selbstbewusstsein hockten wir uns in die Runde. Es dauerte glücklicherweise nicht lange, bis das Gespräch die gewünschte Richtung nahm.


„Wo seids ihr denn g´wesen?“ fragte einer der beiden Münchner, die beide einen wohl trainierten und szenisch etablierten Eindruck machten. Bei denen sind Ausführungen über den eigenen Erfolg sicherlich mit bedacht zu verbalisieren. Die Dresdner hingegegen wirkten eher mäßig sportlich und machten insgesamt einen etwas nerdigen Eindruck. „Äm Cölödri,“ sächselte der eine, der sich als ,Vidö` vorgestellt hatte. „Die ,Renädä Rössi´“ ergänzte sein Kumpel ,Ägge`.
„Mir hams heit den ,White Crack`g´ledderd. Und woas habt´s ihr g´macht?“erging nun die Frage an uns. Zu größeren Ausführungen bereit warf ich erst einmal ein betont lässiges „Massone“ in die Runde in dem guten Glauben, dass die Erwähnung dieses Hardmover-Paradieses ihre Wirkung nicht verfehlen würde. Tat es auch nicht. Lediglich war die Wirkung eine unerwartete. „Im Gleddergörden?“ fragte Vito ungläubig. „In einem, äh, in dem Sportklettergebiet hier!“ versuchte ich nochmals meiner Heldengeschichte eine Basis zu schaffen. Doch erfolglos. „Älso ünter 200 Meter ist es döch nicht wirklich Gleddern, öder? Vielleischt Draining. Äber däfür müss isch döch nicht näch Ärco.“ Vito und Acke ließen keinen Zweifel daran, dass sie unsere Disziplin nicht wirklich ernst nehmen konnten.
Eingeschüchtert und Ehrfürchtig blieben wir den restlichen Abend ruhig und lauschten den Geschichten von den großen Wänden des Sarcatals. Wir erfuhren, dass die Münchner auch in langen Routen jenseits des 7. Franzosengrades unterwegs waren, während Vito und Acke keinen Hehl daraus machten, dass sie nie schwerer als 6b gingen, jedoch schlechteste Absicherung nicht nur tolerierten, sondern als elementaren Spaßfaktor beim Klettern betrachteten. Diesen Fakt erklärte ich mir mit der Tatsache, dass die beiden im Elbsandstein das Handwerkszeug erlernt hatten.
Später im Bus sagte ich zu meiner Freundin: „Fahren wir morgen zur Parete Zebratta?“ Es war keine Frage, sondern vielmehr eine Feststellung. Die Sonnenplatten, wie sie auch heißen,  sind uns im Topo schon aufgefallen. Sie bieten alpine Sportklettereien in allen Schwierigkeitsgraden und Längen. Das wir neben der Sportkletterausrüstung gerade mal über 5 Keile und einem rein theoretischen Wissensschatz über Standplatzbau, Nachsichern und so weiter verfügten ignorierten wir. Der Plan für den kommenden Tag war beschlossen.
Am nächsten Morgen standen wir am Parkplatz der Parete. Das wir über die „Alpinen“ bislang immer schmunzeln mussten, weil sie immer schon am Parkplatz komplett behangen waren, hielt uns nicht davon ab genau diese Idee aufzugreifen um die großen Kletterrucksäcke nicht den ganzen Tag am Wandfuß liegen lassen zu müssen. Wir hängten uns alles planlos an, was man evt. bei einer langen Wand benötigen könnte. Damit die Demarkationslinie von 200 Höhenmetern geknackt werden würde haben wir uns eine 7 Seillängen Route rausgesucht. Keine Länge war schwerer als 5c. ,Da kann man ja hoch tanzen, schließlich habe ich das Land des 7. Franzosengrades betreten.` Mit diesen Gedanken stieg ich ein.
,Wo ist denn nur der verfluchte Haken?´ Ich scannte die Wand mehrfach auf der Suche nach dem zweiten Haken. Als ich ihn schließlich erspähte, war ich zutiefst erschüttert ihn gut 4 Meter über mir auszumachen. ,Wird schon nicht so schwer sein.´ Zitternd, verkrampft und weit entfernt von der Ästhetik eines 7.- Franzosengrad- Kletterers wackelte ich mich zum zweiten Haken. Mit dem Klicken der Exe wich kurzzeitig die Spannung. Ich war schweißgebadet und mental bereits schwer angeschlagen. Und das schon nach 8 von 260 Metern. Den dritten Haken mühte ich mich gar nicht erst zu suchen, sondern beschloss ob des leichter werdenden Terrains erst einmal etwas höher zu klettern. ,Er wird mir schon begegnen.´ Doch auch dies stellte sich als Fehler heraus. Als ich ihn fand war er bereits 2 Meter rechts und zwei Meter unter mir. Von der eigentlichen Linie trennte mich nun eine grifflose und spiegelglatte Platte, die ich nun zurück queren musste. Mit Sicherheit hatten selbst die Badegäste am Gardasee etwas von meinem blumigen und vielfältigen Fluchen, was aus psychologischer Sicht jedoch den einzig richtigen Umgang mit der erlebten Angst darstellte. Die restliche Seillänge ließ sich ohne größere Zwischenfälle bewältigen. Erst am Stand angekommen wartete eine neuerliche Überraschung auf mich Alpinnovizen. War die Route doch bislang mit wenigen aber verlässlich wirkenden Haken ausgestattet, erblickte ich hier zwei geschlagene Rostgurken, die meines Erachtens in einem Alpinmuseum wesentlich besser aufgehoben wären als an einem Standplatz. Immerhin wusste ich zumindest von der Existenz eines Kräftedreiecks und verband die Haken einigermaßen sinnvoll miteinander. Die schlechte Neuigkeit für mich behaltend rief ich meiner Freundin lediglich „Kannst nachkommen“ zu. ,Bitte nicht fallen, bitte nicht fallen` betet ich mein Mantra hinunter während ich sie nachsicherte. Auch die Begeisterung meiner Freundin über den vorgefundenen Stand hielt sich sehr in Grenzen. Noch kritischer wurde sie, als sie merkte, dass ich mich mit der glatten Plattenstelle vom Stand doch sehr schwer tat. Das die Aufforderung: „Vorsicht jetzt, aufpassen, ist wackelig!“ mit „Ja, ich hab Dich, alles okay!“ beantwortet lediglich Worthülsen von psychologischem Nutzen war, wussten wir beide. Als die Platte ca. 4 Meter über dem Stand auf einem Balkon endete fand ich dort zu meiner Überraschung den echten Stand bestehen aus zwei soliden Haken. Kurz nur war die Überlegung weiter zum nächsten Stand zu klettern und wurde dann trotz des Zeitverlustes aber zu Gunsten eines neuen Sicherheitsgefühls verworfen.
Der weitere Weg war geprägt von Angst einflössenden Run-Outs an denen meine 5 Keile auch nicht viel ändern konnten, von enormen Problemen den Weg zu finden und durch Kommunikationsprobleme, die durch Wind und diverse andere Seilschaften noch verstärkt wurden. Das die Sonnenplatten ihren Namen zu recht tragen und sie sich bei sommerlichen Italientemperaturen in einen Glutofen verwandeln muss nicht extra erwähnt werden.
Bemerkenswert auf dem Weg zum Ausstieg war lediglich noch die Situation, wie sie, so dachte ich, lediglich im Klettercomic zu finden sei.
„Jetzt wird’s schwierig“ rufe ich gegen den Wind und das Geschrei aus den Nachbartouren an. „Du hast Stand?“ höre ich leise, aber doch erkennbar in der Stimmlage meiner Freundin!“ Ein panikartiges Gefühl lässt mich „Nein kein Stand, Schwieieierig!“ zurückkreischen. „Stand?“ wird die Frage nochmals wiederholt. „Nein!“ „Was?“ Ich antworte nicht und beschließe weiter zu klettern und Hoffe darauf noch gesichert zu sein.
Nie werde ich vergessen, wie wir beide von Glücksgefühlen überwältigt am Ausstieg standen. Ob es die Freude darüber war überlebt zu haben, die Erleichterung, dass es nun vorbei war oder die Genugtuung dieses Abenteuer gemeistert zu haben wussten wir beide nicht. Was wir aber wussten, war, dass bislang keine 7a oder sonst irgendeine Tour es vermocht hatte eine so nachhaltige Zufriedenheit zu bewirken.
Nach dem Abstieg sitzen wir in der ,Bar Parete Zebratta` und trinken die schalste aber leckerste Cola unseres Lebens. Der Blick ist auf die Sonnenplatten gebannt und das Lächeln will nicht aus unseren Gesichtern verschwinden. Noch am gleichen Abend werden Pläne für eine erneute alpine Unternehmung geschmiedet. 

 Dies ist nun schon ca. 10 Jahre her. Und obwohl ich nach wie vor gerne boulder, sowie auch in den Klettergarten gehe, hat das alpine Klettern doch immer mehr an Bedeutung gewonnen.
Wie damals ist es das schlechte Wetter, diesmal im wilden Kaiser, was Heni und mich nach Arco ausweichen lässt. Diesmal zum Klettern jenseits der 200 Höhenmetergrenze. Veraltetes Topomaterial veranlasst uns die Österreicher die mit ihrem Bulli auf dem selben schönen Parkplatz mit Blick auf den Monte Brento übernachten anzusprechen und nach einem aktuellern Führer zu fragen. Man kommt ins Gespräch und sitzt schon bald bei einem Bier zusammen. „Mir woan heit in Massone. Do hat´s tolle Routen von 6a bis ganz schwoa. Toller Klettertag.“ Erzählt der Österreicher.
Ich beiße mir kurz auf die Zunge. „Massone, kenn ich. Das ist wirklich ein superschönes Gebiet...“ entgegne ich und lächel.

Mittwoch, 10. April 2013

Literarisches Quartett


Offenbarungen eines Felsgottes

Revelations, so heißt die englischsprachige Orginalausgabe - Offenbarung also. Aber gleichzeitig heißt so seine 1984 erstbegangene Route am Raven Tor, die damals die schwerste Kletterei Großbritaniens war. Mit dieser Doppelbedeutung also ein hervorragender Titel für eine Biografie von Jerry Moffatt. Rockgod, der Titel der deutschen Ausgabe, trifft es jedoch mindestens ebenso ...

Wer sich von Jeremy Charles Moffatts Lebensbericht, den er mit Niall Grimes zusammen verfasst hat, interssante Details abseits des Kletterlebens des Rocksuperstars verspricht, hofft vergebens. Beschrieben werden die Gedanken und Taten eines Besessenen, der nur das eine Ziel hat: der Beste zu sein. Einem, der alles hinten anstellt, wenn es darum geht, seine Leistung noch zu steigern und die Konkurenz abzuhängen. 
Da, wo sich der gewöhnliche junge Mensch an Parties, Musik und der Erkundung des anderen Geschlechts erprobt, friert und stinkt der 17-jährige Moffatt in zugigen Verschlägen vor sich hin, um nur ja jeden Tag klettern zu können. 
Da, wo der gewöhnliche Mid-ager über Hauskauf im Zuge einer entstehenden Familie nachdenkt, sieht der Herr Moffatt die Notwendigkeit, einen Trainingskeller zu besitzen, der alle bisherigen Folterkammern in den Schatten stellt.
Klingt langweilig, ist es aber nicht. Dieser Bericht eines absolut kompromisslosen Lebens für das Klettern zieht in seinen Bann. Gespickt mit Beschreibungen von haarsträubenden Erstbegehungen und die Finger feucht werden lassenden Solotagen ersetzt das Lesen von "Rockgod" so manche Trainingssession. Dies lässt auch den manchmal sehr verworrenen roten Faden verzeihen.
Aber Vorsicht Nebenwirkungen: Wer "Rockgod" liest, verspürt ein unbändiges Verlangen, raus an den Fels zu gehen - und der beste Kletterer der Welt zu werden.

 Titel: Rockgod- Das Leben einer Kletterlegende
Autor: Jerry Moffatt
Verlag: Panico Alpinverlag