Dienstag, 28. Mai 2013

Jäger des Augenblicks

Ein Abenteuer am Mount Roraima

Und noch ein verregneter Sonntag. Nun ist es schon Mitte Mai, und doch sind die Temperaturen in Deutschland arktisch. Und das von oben kommende Wasser möchte einfach nicht enden. Und so wird auch dieser Sonntag nicht an sonnigen eifler Felsen verbracht, wie ich es eigentlich vorgehabt hätte. Aber was statt dessen tun? War da nicht noch etwas auf der To-Do-Liste. Richtig: Den Film "Jäger des Augenblicks- Ein Abenteuer am Mount Roraima" galt es noch anzuschauen. Seit er angelaufen war, sprach täglich irgendetwas gegen einen Kinobesuch. Aber an diesem verregnetem Sonntag, bleibt nun wirklich keine Ausrede mehr.

Um die Zeit bis dahin zu überbrücken, wird noch schnell Kaffee und Kuchen in Ehrenfelds neuestem Alternativ-Café inhaliert und dann nichts wie ab ins Cinenova.
Zwei Stunden später verlasse ich völlig geflasht das Kino. Geflasht von den Bildern, geflasht von den Protagonisten und geflasht von der Authenzität des ganzen Spektakels. Aber von vorne:
"Jäger des Augenblicks" ist mal wieder der Versuch, den Klettersport dokumentarisch einzufangen und einem breiteren Kinopublikum zugänglich zu machen. Bei bisherigen Machwerken dieser Art empfand ich das Resultat meist als eine Art unglücklichen Kompromiss zwischen zu kletterspezifisch für den Nicht-Begsportler und zu unspezifisch für den Kletterinteressierten. Und genau dahingehend waren meine Erwartungen an diesen Film. Aber sie wurden im positiven Sine nicht erfüllt.

Philipp Manderlas, Christain Lonks und Malte Roepers Film dreht sich um eine Expedition von Stefan Glowacz, Kurt Albert und Holger Heuber zum Tafelberg Roraima in Venezuela. Sie möchten an der 600m hohen und kontinuierlich überhängenden Nordwand des sagenumwobenen Berges eine Freiklettertour erstbegehen und das wie für die Drei üblich: "by fair means". Als sie diese Unternehmung im Jahr 2010 nicht erfolgreich abschließen können beschließen sie wiederzukommen. Doch der tödliche Absturz von Kurt im selben Jahr stellt Stefan und Holger vor die Frage, ob sie trotz oder gerade wegen dieses tragischen Ereignisses erneut zum Mount Roraima aufbrechen sollen.

Was als Dokumentarfilm über eine abenteurliche Expedition geplant war, wird  zu einem Film über Freundschaft, über die Auseinandersetzung mit dem Verlust eines Menschen und über drei faszinierende Persönlichkeiten, die die Leidenschaft zum Berg miteinander verbindet. "Jäger des Augenblicks" schafft es nicht nur dem Laien die Welt des Kletterns näher zu bringen, vom Rotpunktgedanken über das Wettkampfklettern bis zum Expeditionsbergsteigen, sonder gewährt auch dem Fachpublikum mit stimmig eingespielten Flash-backs Einblicke in die Geschichte und Geschichten des Sportkletterns. Ob nun bei Günther Jauch auf der Couch oder in schillernden Lycras an den Wänden der Fränkischen Schweiz, die vielen Einspieler jedweder Ära werden gekonnt in Szene gesetzt und Runden das Bild der drei Hauptakteure ab.

 Es werden nicht einfach drei Sportsleute vorgestellt, sondern vielmehr werden dem Zuschauer drei Persönlichkeiten auf eine authentische, ehrliche und überaus sympathische Art näher gebracht, wie es bislang vergleichbaren Filmprojekten nicht geglückt ist.
Und nicht zuletzt sorgen natürlich gewaltige Aufnahmen der Expedition für ein unvergessliches Filmerlebniss. Während die Strapazen des "by fair means"- Zustiegs durch den "Verdauungstrakt" (Kurt Albert) in mir mehr Respekt als Fernweh hervorrief, weckten die tolle Bilder vom Klettern und tagelanges biwakieren eine riesige Sehnsucht auf die großen Wände.
Abgerundet wird der Film durch einen tollen Soundtrack. Da wirkt noch nichteinmal Rheinhard Meys "Gute Nacht Freunde, es ist Zeit für mich zu gehen. Was ich noch zu sagen hätte, dauert eine Zigarette und ein letztes Glas im stehen..." kitschig.
Alles in allem bin ich froh, dass mich ein verregneter Sonntag ins Kino zwang, welches ich vom Abenteuergeist beseelt wieder verließ.

Wenn der Frühling also weiterhin auf sich warten lässt kann ich einen Besuch in "Jäger des Augenblicks- Ein Abenteuer am Mount Roraima" wärmstens empfehlen.

http://www.jaegerdesaugenblicks.de/

Sonntag, 26. Mai 2013

Tierisch

 Iron- Jaw- Corner (8c+)

"Scheiße, Scheiße, Scheiße! Jetzt was legen! Der Zweier-Cam würde so gut in den Riss passen. Aber nein, ich musste ja unbedingt einen Solo- First Ascent machen! Sah von unten ja auch gar nicht so schwer aus. Und nun hänge ich hier und mir bleibt nur dieser scheißwacklige Move ...", dachte Mecki, bevor er den Jaw Jam ansetzte und sich die erste Begehung der Verschneidung  "Iron Jaw Corner" 8c+ seilfrei abholte. Respekt!

Mittwoch, 15. Mai 2013

Roadtrip




Südfrankreich ist ja so was von out

Der Felsriegel von Buoux
Was in den 80ern in war, war in den 90ern längst passé. In den 2000ern war dann alles aus dem alten Jahrtausend vollkommen abgesagt, kam jedoch zum Teil in den 2010ern unter dem Label „retro“ zurück. Dies gilt nicht nur für Hosen, Pullis, Anzüge und Kleider, sondern auch für Klettergebiete und damit zwangsläufig für bestimmte Arten von Klettereien.
La derriere problem des alpes 6b+
Was Ende der 19hunderter Südfrankreich für die Kletterwelt war, zumindest für die europäische, sind seit dem Millennium längst Kalymnos, Rodellar und sämtliche katalanischen Ultrahardmoverspots mit sharmaschen und andradaschen Promibonus geworden.
Das Wissen um diese Trends mache ich mir gerne zunutze und plane meine Kletterreisen antizyklisch. Denn der Besuch von den gerade schwer angesagten Gebieten hat so manche Nebenwirkung.
So wird der angestrebte Onsight mit den prüfenden Blicken der Wohlgesonnenheit vorgaukelnden Kontrahenten im Rücken gleich erheblich schwerer, wenn er nicht durch spontane „Du musst in den Untergriff kreuzen!“- Zurufe zunichte gemacht wird. Hat man es dann doch mal geschafft, in einem Anflug von Kletterflow-Erlebnis die Welt um sich herum zu vergessen, wird man meist jäh durch ein „Come on Oida, geht schoa!“ oder „Schiggeding“ (je nach Angesagtheit der aktuellen Klettermovies) ins Hier und Jetzt zurückgeholt.
Der Zustieg geht auch einfacher!
Das Projektieren von Routen gestaltet sich meist noch beschwerlicher. Denn abgesehen von Wartezeiten zwischen den einzelnen Versuchen, welche die Muskulatur auch bei 30 °C im Schatten wieder erkalten lässt, wird man von Mitstreitern regelrecht auf Linie gebracht. Man hat noch nicht begonnen, die Krux auszubouldern, da wird einem schon die einzig kletterbare Lösung nahegebracht, sodass kein Zweifel bleibt, dass ein Probieren von möglichen Alternativen nicht nur als unhöflich, sondern geradezu dreist empfunden würde. Immerhin dient das eigene Scheitern an der aufgezwungenen Zugabfolge dem guten Zweck, das Ego des Ansagers ein wenig zu stabilisieren und aufzupolieren.
Apropos scheitern: Nicht nur, dass man sich mit dem eigenen Erfolg oder Scheitern auseinandersetzen muss. Man darf stets am emotionalen Zustand der anderen Vertikalsportler teilhaben. Geteiltes Leid ist eben halbes Leid und geteiltes Glück ist doppeltes Glück, so scheint das Motto zu sein. So ist es Usus, alle Anwesenden mit regelmäßigem und lautstarkem Statusreport auf dem Laufenden zu halten. Ein lautes „Fuck!“ unterstreicht ausdruckstark die Verärgerung oder Verwunderung über das Scheitern in der Route, die man doch eigentlich locker beherrschen müsste. Anschließend kann es nützlich sein, einen detaillierten Bericht über die schlechten Bedingungen bis in den letzten Winkel des Gebietes dringen zu lassen. Ein lautstarkes „Yes!“ hingegen hebt den eigenen Erfolg in einem langen Projekt heraus und sorgt für ausreichend Anerkennung und Gratulation.

Volx
Das Gegenmittel zu diesen Nebenwirkungen heißt antizyklisches Klettern, also genau dort hinzureisen, wo sich die Massen gerade nicht aufhalten.
Nachdem in diesem Frühjahr der geplante Trip in den allzeit unpopulären Peak District aufgrund der Meldungen über im Schnee vergrabener Schafherden in der Nähe von Sheffield neu diskutiert wurde, kam die Idee auf, nach über zehn Jahren der Provence mal wieder einen Besuch abzustatten und die So-was-von-megaout-Gebiete im Val de Luberon zu besuchen. Ein Indikator für das nicht Angesagtsein war meine Google- Bildersuche, die lediglich Fotos von Kletterern in engsitzenden schillernd pinken Lycras und luftig wehenden Muscle-shirts an den glatten Fassaden der buouxschen Felsen offerierte.
Steiles Gemäuer in Volx (7b+)...
Obwohl das Wetter dem glich, was wir normalerweise zu dieser Jahreszeit in Nordengland erwartet hätten, war es herrlich, die Provence kletternd neu zu entdecken. Und erstaunlicherweise mussten wir feststellen, dass zumindest Buoux gar nicht so wenig angesagt war, wie man meint. So traf man doch direkt mehrere Kletterer, deren Namen der internationalen Kletterpresse bekannt sein dürften. Auch ansonsten verlustierten sich viele Vertikalisten aller Könnensstufen an den rund geschliffenen, so abweisend wirkenden Wänden zwischen Apt und Bonnieux. Und das, obwohl die Kletterei so gar nicht dem moderne Idealbild eines Klettergebietes entspricht. Während die Herren Moffatt und Moon in den 80ern noch ihre wahre Freude an der technischen Kletterei an senkrechten und leicht überhängenden Platten hatten, auf denen Anzahl und Größe der kaum vorhandenen Löcher die Schwierigkeit definieren, entstehen heutige High-End-Routen gerne an langen überhängenden Ausdauerhämmern, die auf 60 Metern Routenlänge gerade mal eine Höhe von 20 Metern erreichen. Also kurz gesagt, äußerst unpopuläre, aber nicht uninteressante Routen findet man in Buoux. Insbesondere die Sektoren Condor, Styx und Bout du monde warten mit echten Klassikern wie „Dresden“ (7a), „Rêve du papillon“ (8a), „Chouca“ (8a+) oder „La rose et le vampire“ (8b) auf.
La bout du monde
Ganz anders sah unser Besuch in Volx aus. Obwohl es sich keine 50 km von Buoux entfernt befindet und obwohl auch hier mit dem britisch-französischen Battle um „Plafond“ vulgo „Maginot Line“ (8c) und „Superplafond“ (8c+) Klettergeschichte geschrieben wurde, waren wir jedes Mal die einzigen Kletterer im Gebiet. Und das obwohl hier im Sektor „Grand Grotte“ unzählige steile Routen hauptsächlich im siebten und achten Franzosengrad zu finden sind. Trotzdem das Treiben in den 80ern und 90ern eine gehörig marmorierte Patina auf den Griffen von Volx hinterlassen hat, gefiel uns ausnahmslos jede Route in diesem fantastischen Gebiet. Schon die Aufwärmroute „Hot Spot“ (6b+) machte ihrem Namen alle Ehre und stimmte auf das ein, was da noch kommen sollte. Aufgrund der vielen nassen Routen nach einem auch in Südeuropa durchwachsenen Frühjahr war unsere Auswahl leider etwas eingeschränkt. Doch dieser Umstand zwang uns dann in die Route „Spinoza“ (7b+), die sich als eine wirklich tolle Route mit irren boulderigen Dachzügen zu Beginn und wackeligen, technischen Rausschmeißerzügen kurz vor dem Umlenker entpuppt und dem Wiederholungsaspiranten volle Konzentration vom ersten bis zum letzten Zug abverlangt.
...lädt zum Victory-Jump!
Leider dauerte unsere Reise ins Land des Lavendels, der schmackhaften Kräuter und des kräftigen Rotweins nur eine Woche. Aber ich hoffe, dass die Provence als Kletterregion noch ein Weilchen benötigt, bis sie sich als „retro“ wieder voll etabliert. Bis dahin schlüpfe ich gerne jährlich in meine pinken Lycras und mein Muscle-shirt, klettere nahezu allein in der Provence und poste die Fotos zum Beweis, dass Buoux, Volx & Co. immer  noch megaout sind.

Samstag, 4. Mai 2013

Filmisches

 Moffats Erben


"It´s the best!" Mit diesen Worten beschreibt Ben Moon in dem Kult-Vertikalsportfilmchen "The real thing" kurz und treffend was Fontainebleau ist. In engen Höschen und mit blondierter Farin Urlaub- Frisur turnt er gemeinsam mit Kumpel Jerry Moffat abwechselnd an einigen Kult-Bouldern in Stanage und am Campusboard in Moffats Kult-Klettehalle herum, um sich auf einen Boulderausflug in die Wälder von Fontainebleau im allgemeinen sowie auf eine Besteigung von Fred Nicoles Kult-Problem Karma im speziellen vorzubereiten. Dass die Beiden dann noch "the german legend Kört Älbert" treffen, setzt dem illusteren Treiben das Sahnehäubchen auf. Bei soviel Kult kann natürlich nur ein nachhaltiges filmerisches Machwerk herauskommen. Da schaut der eingefleischte Bouldermoviefan auch großzügig über so manche fremdschämtaugliche Sequenz hinweg, wie beispielsweise Bens allzu martialisch wirkender Einsatz mit Schmiedeeisen und Schmiedehammer in einer zwielichtigen Sheffielder Industriehalle, oder die pupertäre Freude der Truppe beim Anblick von Sloggie- Damenunterhosen-Werbung. "The real thing" ist und bleibt einfach der Film über Bouldern in Fontainebleau.
Obwohl kleine Clips auf YouTube und Vimeo, sowie auch ausgewachsene Filme wie die Dosage- Reihe oder die sehr sehenswerten Werke von Chuck Fryberger wie Pilze aus dem Boden schießen, ist doch bis heute nichts vergleichbares über "das beste Bouldergebiet der Welt" nachgekommen. Dabei hat Fontainebleau genügend gute und sehenswerte Boulder zu bieten, um unzählige Filmrollen zu füllen.

Out of sight (Teaser)

Doch nun hat sich wieder ein Brite getraut der Thematik anzunehmen und endlich mal wieder einen reinen Fontainebleaufilm auf den Kletterfilmmarkt zu werfen.
Dieser widmet sich jedoch weniger den Kult-Problemen des Waldes, sondern ganz im Gegenteil, stellt Neil Hart in seinem Film "Out of sight" die stillen Fleckchen abseits von Bas Cuvier und Isatis sowie  Boulder die keine Sau kennt vor. Laut seiner Ankündigung nimmt er den Couchsportler mit in  Ecken des Waldes, von denen er noch nie gehört, sowie zu Blöcken, die er noch nie gesehen hat. Das ist mal echt ein Versprechen! Und eine Einladung, die man ungerne ausschlägt. Dass diese versteckten Juwelen präsentiert werden von namenhaften Locals wie Jacky Godoffe und Jo Montchaussé, sowie internationalen Stars wie Nalle Hukkataival und Nico Favresse lässt hoffen, dass auch die Performance begeisternd sein wird.
Der Teaser macht auf jeden Fall Lust auf mehr. Bleibt abzuwarten, ob "Out of Sight" ähnlich viel Kult- Potential mitbringen wird. Aber keine Sorge, Ben und Jerry! "The real thing" wird, zumindest für alle Vertikalisten meiner Generation THE MOVIE bleiben.

Freitag, 3. Mai 2013

Es lebe der Vertikalsport

Rubrik: Verwegen Spotten

Hans-Dieter sagte er müsste sich vor Steinschlag schützen, doch Manfred wusste, dass er ihm den Helm nur nicht gab, weil er gestern unbedingt Sport gucken musste, als Hans-Dieters Lieblingssendung lief. Der kann aber auch eine ganz schöne Zicke sein.